„Wie kommen wir mit der hannoverschen Dressurpferdezucht zurück an die Spitze“
Diesem Thema widmete sich eine gut besuchte Podiumsdiskussion am 15.05.2024 in Meinkingsburg, organisiert vom Forum der Züchter im Bezirksverband Hannover zum Thema. Es waren hochkarätige Referenten geladen und interessante Ideen und Anregungen kristallisierten sich heraus.
Jan Frieling begrüßte die ca. 70 Teilnehmer und die Referenten: Söhnke Rothenberger (Dressurreiter), Dr. Carsten Munk (Vorsitzender der deutschen Richtervereinigung), Ingo Pape (Hengsthalter), Volker Dusche (Züchter) und Ulrich Hahne (Zuchtleiter des Hannoveraner Verbandes). Die Moderation übernahm Hartmut Wilking.
Die wohl schwierigste Frage des Abends war, wie man das mögliche Grand-Prix-Pferd bereits als Fohlen erkennen könne. Söhnke Rothenberger beantwortete sie damit, worauf er beim Kauf von Fohlen achtet. Für ihn stehen die Stämme und die Genetik im Vordergrund, so dass auch weitere Nachzucht des Stammes betrachtet werde. Dabei betrachtet er besonders die Nachkommen der Mutter und Großmutter. Für die Zukunft setzt er seine Hoffnung in die genomische Selektion. Diese müsse vorangetrieben werden, so dass diese dann Informationen für das Talent für Piaffe und Passage liefern kann. Dadurch würde die Qualität und auch automatisch die Nachfrage nach solchen Fohlen steigen.
Auch für Uli Hahne und Volker Dusche stehen die Mutterlinien im Vordergrund, Problem ist hier derzeit, dass durch die Veränderung in der Züchterschaft viele gute Stämme verloren gehen. Uli Hahne wünscht sich mehr Hengste aus sporterfolgreichen Müttern wie beispielsweise bei Venturo.
Ingo Pape sprach die Diskrepanz bei der Anpaarungsentscheidung des Züchters zwischen Verkaufsfohlen und Sportpferd an, die seiner Meinung nach keine sein darf. Diese Anforderungen müssen kombinierbar sein.
Volker Dusche vertritt die gleiche Meinung und kritisiert, dass die Zucht derzeit auf spektakuläre Bewegungen und schnelles Geld ausgelegt ist, da meist die Vermarktung als Fohlen für den Züchter im Vordergrund steht. Junghengste stehen dadurch in der besonderen Gunst der Züchter ohne sich sportlich bewährt zu haben.
Sönke Rothenberger wünscht sich bessere Informationen vom Verband und der FN in Bezug auf Grand-Prix-Pferdevererber und zeigte auf, dass die Springpferdezüchter zu 80% 1,60 m erfolgreiche Hengste nutzen würden, bei den Dressurpferdezüchtern aber nur 20% Grand-Prix-Hengste.
Dr. Carsten Munk sprach den gesamten Zuchtfortschritt innerhalb der letzten 40 Jahre an und lobte die Leichtrittigkeit der Pferde und die bessere Qualität der Reiterei.
Er nannte drei Voraussetzungen die ein Grandprixpferd mitbringen müsse:
- Körperqualität (hierdurch bedingte Haltbarkeit insbesondere des Fundamentes)
- Rittigkeit und Sportlichkeit (Interieur, im Stamm verankert)
- Bewegungsqualität (zuerst Schritt und Galopp und dann erst der Trab)
In diesem Zusammenhang erwähnt er, dass überdimensionale Grundgangarten als Richter kritisch zu betrachten sind. Bewegungen sollten bergauf und aus der Hinterhand getragen sein. Elastische Pferde bleiben länger gesund.
Vergleich mit dem KWPN
Mit einem Blick in die Niederlande KWPN merkte Ingo Pape an, dass es dort eine bessere Vernetzung von Zucht und Sport gibt. Einen weiteren Vorteil sieht er darin, dass es dort nur einen Zuchtverband gibt. Zucht- und Selektionsentscheidungen des Verbandes sind dadurch besser durchzusetzen. Auch deshalb liegen die Niederlande derzeit mit den Erfolgen der Dressurpferdezucht vorn.
Volker Dusche sagte, dass in Holland die guten Pferde auch den Weg zu guten Reitern finden. Auch er sprach die Konkurrenzsituation unter den Verbänden in Deutschland an, und wünscht sich ein besseres Miteinander unter diesen. Er könne sich sogar nur eine Körkommission für ganz Deutschland vorstellen.
Dr. Ludwig Christmann sprach aus dem Publikum heraus die Unterschiede zwischen dem deutschen Dressurpferd und einem KWPN-Dressurpferd an. Dabei bezog er sich auf die oftmals vertikale Halsung des KWPN-Dressurpgferdes, den Schritt und die Losgelassenheit im Rücken. Er stellte die Frage, ob schwungvoller Trab hinderlich für die Versammlung sei und sieht in Hannover eine Transformation der Gangarten mit mehr Knieaktion, besserem Hinterbein, mehr bergauf im Galopp. Er nannte die Vorteile der Rittigkeit der Hannoveraner und den guten sicheren Schritt.
Heinrich Behrmann trägt vor, dass beim KWPN, anders als in Hannover das Grand-Prix-Pferd im Zuchtziel verankert ist. Er schlägt vor, dieses auch in das Hannoveraner Zuchtziel zu integrieren.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass das größte Selektionspotenzial auf der Stutenseite liegt und hier der Züchter gefragt ist. Bei der Hengstauswahl müssen Gesichtspunkte des Sports (Grand-Prix-Erfolge, Fundament und Funktionalität mehr Gewicht bekommen und diese Informationen müssen den Züchtern einfacher zugänglich gemacht werden.
Andrea Hunte