Seit knapp 15 Jahren bestätigen Hinweise aus dem Wolfsmonitoring der Landesjägerschaft das Vorkommen von freilebenden Wölfen in Niedersachsen. Die Zahl der Wölfe ist in diesem Zeitraum beständig gestiegen und liegt mittlerweile bei mindestens 600 Wölfen in 63 Territorien. Immer wieder kommt es zu Rissen an Weidetieren, und während an erster Stelle die Schafhalter zu nennen sind, werden auch die Risse an Rindern und Pferden von Jahr zu Jahr mehr. Weidetierhalter fordern von der Politik finanziellen Ausgleich für Schäden, Unterstützung beim Schutz ihrer Herden und außerdem eine Regulierung des Wolfsbestandes mittels Bejagung. Gleichzeitig kann der aktuelle politische Sachstand auf Grund der vielen Regularien auf unterschiedlichen Ebenen – EU, Bund und Land – verwirren.
Politische Vorgaben auf unterschiedlichen Ebenen
Die Möglichkeit zur Entnahme von Wölfen durch Jäger ergibt sich zunächst aus Vorgaben der EU. Die aktuelle Situation ist die, dass Anfang Dezember 2024 der ständige Ausschuss der Berner Konvention, einem völkerrechtlichen Abkommen über wildlebende Tiere und Pflanzen in Europa, für die Herabstufung des Schutzstatus‘ des Wolfes gestimmt hat. Sofern nach vorgeschriebenen Anteilsverhältnissen nun keine Einwände mehr eingebracht werden, tritt diese Änderung nach drei Monaten – am 02. März 2025 – in Kraft. Dann wird der Wolf in der Berner Konvention vom Anhang II („streng geschützt“) in den Anhang III („geschützt“) überführt. Als nächster Schritt sind dann die mehrheitliche Genehmigung dieser Änderung durch den Rat der EU sowie die Veröffentlichung in einem Amtsblatt erforderlich, damit die Änderung auch in der EU gilt. Anschließend ist eine Änderung der sog. FFH(„Flora, Fauna, Habitat“)-Richtlinie der EU von Nöten. Diese kann auf unterschiedliche Arten erfolgen, entweder mittels eines Mehrheitsbeschlusses im EU-Parlament (parlamentarischer Weg) oder über einen einstimmen Beschluss im Rat. Der zweitgenannte Weg ist schneller umsetzbar, sofern es gelingt, einen einstimmigen Beschluss im Rat zu erlangen.
Anschließend kann eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetztes erfolgen – deren Vorbereitungen durch die Weidetierhalter jetzt schon von der Politik gefordert wird -, und darauf basierend können regionale Bestandsmanagementpläne für den Wolf festgelegt werden.
Die neue Richtlinie Wolf in Niedersachsen
In Niedersachsen wurde indes am 28. Januar 2025 die neue „Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Förderung der Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen in Niedersachsen (Richtlinie Wolf)“ in Kraft gesetzt. Diese Richtlinie gilt bis zum 31. Dezember 2029 und ersetzt die Ende 2024 ausgelaufene alte Richtlinie Wolf. Darin werden einerseits die Bedingungen für die Förderung von wolfsabweisenden Zäunen und Herdenschutzhunden geregelt und andererseits wird festgelegt, unter welchen Bedingungen nach Wolfsrissen an Nutztieren Billigkeitsleistungen für die entstandenen wirtschaftlichen Schäden durch das Land Niedersachsen an die Tierhalter gezahlt werden. Außerdem regelt eine weitere Richtlinie, die Richtline SchaNa (Förderung der Schaf- und Ziegenweidehaltung für Naturschutzzwecke) die Unterstützung von Beständen von elf oder mehr Schafen und Ziegen mittels einer flächen- und tierzahlbezogenen Prämie.
Die Förderung von wolfsabweisenden Zäunen und Herdenschutzhunden für Schafe, Ziegen und Gehegewild erfolgt einheitlich in ganz Niedersachsen und ergibt sich aus den Richtlinien Wolf und SchaNa. Für die Förderung von wolfsabweisenden Maßnahmen für Pferde und Rinder werden hingegen in der Richtline Wolf bzw. auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Gebiete (sog. „Kulissen“) ausgewiesen, die sich am Rissgeschehen orientieren. Pferde- und Rinderhalter innerhalb dieser Kulissen können jeweils einen Antrag auf Förderung stellen. Eine Förderkulisse wird eröffnet, wenn es innerhalb von einem Jahr zwei bestätigte Risse an Pferden („Förderkulisse Pferd“) oder Rindern („Förderkulisse Rind“) oder jeweils einen Riss an einem Pferd und einem Rind (gemischte Kulisse) in einer Region gab. Die Größe dieser Gebiete wird durch das NLWKN-Wolfsbüro festgelegt. Die Förderung, die beantragt werden kann, beträgt bis zu 80 % der Materialkosten für einen wolfsabweisenden Grundschutz; bei Betrieben, in denen ein amtlich bestätigter Wolfsübergriff stattgefunden hat, bis zu 100 %. Aktuell (Februar 2025) gibt es in Niedersachsen drei solche Kulissen, die auf Karten im Internet gekennzeichnet sind (z.B. Seite der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Webcode 01036223).
Anders als für Schafe, Ziegen und Gehegewild ist für Pferde und Rinder kein sogenannter wolfsabweisender Grundschutz als Bedingung aufgeführt, um Entschädigungsleistungen im Falle eines Risses zu erhalten. Voraussetzung ist aber immer eine amtliche Rissprotokollierung und Feststellung des Wolfs als Verursacher des Schadens durch die Landwirtschaftskammer. Deshalb muss diese immer sofort alarmiert werden, wenn ein Riss festgestellt wird. Auch die Wertermittlung erfolgt durch die Landwirtschaftskammer, bei einer Deckelung von 10.000,00 Euro (vorher: 5.000,00 Euro) pro Tier und 30.000,00 Euro je Tierhalter und Jahr.
Text: Dr. Katharina Wiegand, Pferdeland Niedersachsen GmbH